Immoblilien- und Liegenschaftsrecht
Unkenntnis des Grundbuchstandes hindert die Ersitzung eines Wohnungseigentumsobjekts nicht
Auch bei der Ersitzung eines Wohnungseigentumsobjekts ist der Ersitzungswerber ohne Verdachtsmomente nicht verpflichtet, sich über den tatsächlichen Grundbuchstand oder den Wohnungseigentumsvertrag Kenntnis zu verschaffen.
(OGH 13.02.2024, 10 Ob 20/23y)
Gewährleistungsverzicht beim Wohnungskauf?
Der Verkäufer einer Wohnung haftet für „geheime" Baumängel, wenn zwar die Gewährleistung ausgeschlossen, im Vertrag aber darauf hingewiesen wurde, dass der Käufer die Wohnung besichtigt hat und deren Zustand kennt.
(OGH 23.05.2023, 1 Ob 79/23h)
Europäisches Nachlasszeugnis - Einverleibung des Eigentumsrechts
Das Fehlen der Bezeichnung der Liegenschaft in einem Europäischen Nachlasszeugnis steht der Einverleibung des Eigentumsrechts der danach ausgewiesenen Erben nicht entgegen.
(OGH 15.05.2018, 5Ob35/18k)
Hausverlosung - Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage
Da es nach der Rechtsprechung nicht darauf ankommt, von wem die Gegenleistung erbracht wird, ist der Gegenleistung der Käuferin bei verständiger Würdigung und wirtschaftlicher Betrachtungsweise des dargestellten Zusammenhanges jener Ertrag hinzuzurechnen, den die Verkäufer durch den Verkauf aller übrigen Lose erzielt haben.
(VwGH 29.08.2013, 2012/16/0159 bis 0160)
Hausverlosung - Keine gesonderte Vergebührung des Glücksgeschäfts
Entsprechend der Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung ist bereits bei der Auslobung (also beim verbindlichen Anbieten der Lose) vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft (Gewinn bei der tatsächlichen Verlosung) kommt es hingegen nicht an. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
Gemäß § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte, die u.a. unter die Grunderwerbsteuerpflicht fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.
(VwGH 29.08.2013, 2010/16/0101)
Vorliegen eines Pachtvertrages hindert den Eigentumserwerb durch Bauen auf fremdem Grund
Der Abschluss eines Pachtvertrags mit der Verpflichtung zur Rückstellung des Pachtgrundes nach Ablauf der Bestandzeit hindert den Eigentumserwerb durch den Pächter, der auf dem Pachtgrund mit Genehmigung des Verpächters ein Bauwerk errichtet hat.
(OGH 20.12.2012, 2Ob94/12f)
Immobilienmakler sind nicht verpflichtet, über Eigenleistungen des Verkäufers im Zuge der Renovierung zu informieren.
Präsentiert sich das Objekt in einem einwandfrei renovierten Zustand, begründet es keine Pflichtwidrigkeit der Maklerin, wenn sie den Interessenten nicht von sich aus über die - durchaus übliche und unter fachmännischer Aufsicht geschehene - Mithilfe des Bauherrn bei den Renovierungsarbeiten informiert.
(OGH 20.09.2012, 2Ob202/11m)
Verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie steht ungeprüftem Rechtsverlust des Buchberechtigten im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG entgegen (hier: lastenfreie Abschreibung eines Grundstücksteils von einer dienstbarkeitsbelasteten Liegenschaft)
Das Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG zeichnet sich durch einen reduzierten Rechtsschutz im erstinstanzlichen Verfahren aus, der es gerade nicht nahe legt, (auch) der Beschneidung des rechtliche Gehörs im Rechtsmittelverfahren durch die Verneinung seiner Mehrseitigkeit im Wege einer einschränkenden Auslegung des § 32 Satz 2 LiegTeilG das Wort zu reden; vielmehr ist der unzweideutigen Gesetzeslage zu folgen, wonach das Rechtsmittelverfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG bei Entscheidungen "über die Sache" entsprechend § 48 Abs 1 AußStrG nF zweiseitig ist. Ab- und Zuschreibungen eines Grundstücks im vereinfachten Verfahren nach §§ 15 ff LiegTeilG sind ohne deren Verwendung zur Herstellung einer der in § 15 Z 1 LiegTeilG genannten Anlagen unzulässig. Der Gesetzgeber ging nach den Materialien davon aus, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Anmeldungsbogens für dieses vereinfachte Verfahren die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Grundabtretungen, Ablösen und Besitzübertragungen bereits geregelt sind. Nur unter dieser Voraussetzung eines Einvernehmens über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust oder eines bereits erfolgten förmlichen Enteignungsverfahrens ist die weitgehende Reduktion des materiell- und verfahrensrechtlichen Schutzes der Buchberechtigten im Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie vereinbar.
Da nach § 49 Abs 1 AußStrG nF im Rekursverfahren das Vorbringen neuer Tatsachen grundsätzlich zulässig ist und Buchberechtigte im vereinfachten Verfahrennach §§ 15 ff LiegTeilG vor der erstinstanzlichen Beschlussfassung nicht gehört werden, steht diesen noch im Rechtsmittelverfahren der Einwand offen, es sei weder Einvernehmen über die Rechtsabtretung bzw den Rechtsverlust oder ein förmliches Enteignungsverfahren erfolgt. Wird ein solcher Einwand erhoben, hat das Grundbuchsgericht den Beteiligen die Möglichkeit zu eröffnen, das erzielte Einvernehmen oder das erfolgte Enteignungsverfahren urkundlich nachzuweisen. Unterbleibt dieser Nachweis, muss das Grundbuchsgericht gemäß § 28 LiegTeilG die Herstellung der Grundbuchsordnung veranlassen.
(OGH 28. 11. 2006, 5 Ob 108/06b)